Wichtige Urteile für Sportschützen
„Halbautomatenurteil“
Für großes Unverständnis haben zwei Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. März zum Besitz
von halbautomatischen Jagdwaffen (Az. 6 C 59.14 und 6 C 60.14) geführt. Jäger hatten gegen die
Eintragung einer Begrenzung der Magazinkapazität für eine halbautomatische Büchse geklagt und
vor dem Oberverwaltungsgericht Münster zunächst Recht bekommen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat im Revisionsverfahren nun nicht nur der Behörde Recht gegeben,
sondern ist völlig überraschend auch darüber hinausgegangen, indem es in einem sogenannten
„obiter dictum“ über die Sache hinausgehende Ausführungen zum Waffenrecht gemacht hat. Es hat
nämlich entschieden, dass sämtliche Halbautomaten mit wechselbarem Magazin von Jägern nicht
besessen werden dürfen. Diese Ansicht ist bisher weder von der beteiligten Waffenbehörde noch
anderen Behörden, Gerichten oder in der Fachliteratur vertreten worden.
Bisher war die Fachwelt einhellig der Ansicht, dass diese Waffen für Jäger erlaubt seien, auf der Jagd
jedoch nur in einem Zwei-Schuss-Magazin genutzt werden dürften. Damit hat das Gericht ein Verbot
bestimmter Waffen ausgesprochen, was grundsätzlich Sache des Gesetzgebers und nicht eines
Gerichts ist. Im Hinblick auf rechtliche Mängel in der Argumentation des Gerichts bestehen gegen die
Entscheidung schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere hinsichtlich des
Eigentumsgrundrechts und des Prinzips der Gewaltenteilung.
Sollte die Interpretation des Gesetzes Bestand behalten, droht tausenden Jägern der Entzug ihrer
waffenrechtlichen Erlaubnisse und der entschädigungslose Verlust ihres Eigentums.
Halbautomatische Waffen, auch solche mit auswechselbarem Magazin, sind für bestimmte jagdliche
Zwecke sinnvoll und geboten, etwa aus Sicherheitsgründen bei der Nachsuche. Sie sind teilweise
sogar ausdrücklich gesetzlich erlaubt. Welche Auswirkungen die Begründung der Urteile auf künftige
gerichtliche Entscheidung hinsichtlich des Erwerbs und Besitzes von Sportwaffen haben kann, wird
derzeit sorgfältig geprüft.
Gutachterwechsel
In einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren hat das Verwaltungsgericht Münster (Beschluss vom
23.6.2015 – 1 L 565/15) entschieden, dass ein Wechsel des Gutachters für ein Eignungsgutachten
unzulässig ist. Bedenken gegen die persönliche Eignung des Antragstellers waren der Behörde
aufgrund eines alkoholbedingten Vorfalls bekannt geworden, so dass sie ein Eignungsgutachten von
ihm forderte. Er beauftragte zunächst einen Gutachter, dem die Behörde auch Unterlagen zusandte.
Sodann beauftragte der Antragsteller jedoch einen anderen Gutachter und legte dessen Gutachten
vor. Dies wurde von der Behörde nicht anerkannt, so dass sie aufgrund der Nichtvorlage des ersten
Gutachtens den Widerruf der WBK verfügte.
Sowohl das VG Münster als auch das OVG Münster hielten den Widerruf für rechtens. § 4 AWaffV
sehe den Wechsel eines Gutachters nicht vor, dem Betroffenen stehe lediglich ein einmaliges
Auswahlrecht zu, weil nur so verhindert werden könne, dass der Betroffene „solange auf Suche nach
einem Gutachter gehen kann, bis er einen ihm die persönliche Eignung bescheinigenden Gutachter
gefunden hat“. Die Begründung des Verwaltungsgerichts überzeugt nicht, daher sind zur Klärung
dieser Rechtsfrage Rechtsmittel eingelegt.
Nichtvorlage eines Gutachtens
Der Kläger wurde bei Verkehrskontrollen 2012 mit 1,04 und 2014 mit 1,44 Promille angetroffen. Die
Waffenbehörde nahm dies zum Anlass, ein Gutachten anzufordern, das der Kläger auch beim TÜV
fertigen ließ, jedoch der Behörde nicht vorlegte. Gegen den daraufhin erfolgten Widerruf der WBK
wandte er sich mit der Begründung, die Feststellungen des Blutalkohols unterlägen einerseits einem
strafrechtlichen Verwertungsverbot und andererseits sei der Gutachter befangen gewesen.
Das angerufene Verwaltungsgericht des Saarlandes urteilte, dass bei dem der Gefahrenabwehr
dienenden Waffenrecht zulässig sein kann, ein unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt
gewonnenes Ergebnis einer Blutprobe zu verwerten. Angesichts der dem Kläger zur Vorlage
gewährten Zeit habe die Behörde eine weitere Fristverlängerung zu Recht abgelehnt, so dass der
Widerruf wegen nicht rechtzeitige Vorlage des zu Recht angeforderten Gutachtens rechtens sei.
(Urteil 25.2.2016 – 1 K 558/15)
Trunkenheitsfahrt
Bei einer Verkehrskontrolle wurde beim Antragsteller ein Blutalkoholgehalt vom 1,91 g Promille
festgestellt. Im Kofferraum führte er in einem verschlossenen Behältnis eine Langwaffe und
zugehörige Munition mit sich. Mit Strafbefehl wurde er zu 30 Tagessätzen verurteilt, weil im Hinblick
auf Probleme bei der Auswertung der Blutprobe – ein Gutachten kam zu 2,31 g Promille – nur von
einem Alkoholgehalt von 1,1 g Promille ausgegangen werden könne. Die Waffenbehörde widerrief
die WBK, weil der Antragsteller aufgrund seines Alkoholkonsums nicht als zuverlässig im
waffenrechtlichen Sinnen angesehen werden könne.
Sowohl das Verwaltungsgericht wie das Oberverwaltungsgericht Lüneburg teilten diese Auffassung,
weil der Antragsteller nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit besitze. Zwar sehe das WaffG
bezüglich Alkohol keine ausdrücklichen Regelungen vor, jedoch begründe das Mitführen einer Waffe
bei einer Autofahrt mit einer Blutalkoholkonzentration, die im Bereich der absoluten
Fahruntüchtigkeit liege, „im Hinblick auf die daraus resultierenden Gefahren für andere
Verkehrsteilnehmer“ die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit. Dies rechtfertige die Prognose, dass der
Kläger auch künftig mit Waffen und Munition nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen werde.
Hierbei reiche ein einmaliges Versagen „angesichts des möglichen Schadens bei Nichtbewährung“
aus.
Das OVG stützte die Unzuverlässigkeit ergänzend noch darauf, dass der Antragsteller die Waffe im
PKW mitgeführt habe, ohne dass noch ein zeitlicher oder sachlicher Zusammenhang mit der
Jagdausübung oder damit in Verbindung stehender Tätigkeit bestanden habe. Dieser Verstoß gegen
die Aufbewahrungsvorschriften und zugleich die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit rechtfertige
zusätzlich die negative Prognose hinsichtlich des Verhaltens des Antragstellers. (VG Lüneburg,
Beschluss vom 4.2.2016 – 6 B 165/15, OVG Lüneburg, Beschluss vom 22.3.2016 – 11 ME 35/16)
Facebook-Profil
Der Antragsteller hatte auf Facebook viele Äußerungen zu Medienberichten gemacht, wie „Passant
geschlagen und getreten“, Kommentar: „Beliebt bei Irakern und anderen Arschlöchern. Bewaffnet
Euch“, oder „Marxlohs Einwohner fühlen sich ausgeliefert“, Kommentar: „Morgen auch bei Dir. Und
bewaffne Dich.“
Das Landratsamt widerrief die erteilten waffenrechtlichen und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse,
weil der Antragsteller nicht mehr zuverlässig sei, denn es lägen Tatsachen vor, dass er Waffen oder
Munition missbräuchlich verwenden werde. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sah dies ebenso,
denn die Facebook-Eintragungen illustrierten die Einstellung des Antragstellers zu Waffen und deren
Anwendung, die er als Mittel zur Konfliktlösung ansehe. Viele Äußerungen erwecken den Eindruck
einer erheblichen latenten Aggressivität des Antragstellers und lassen eine missbräuchliche
Verwendung befürchten.
Die Kommentare seien auch nicht als satirisch überspitzt anzusehen, zumal sich der Antragsteller im
Profilbild in kämpferischer Pose beim Abfeuern einer Pistole zeige. Der Widerruf der Erlaubnisse
verstoßen auch nicht gegen das Grundrecht auf Meinungsäußerung, denn die getroffenen
waffenrechtlichen Maßnahmen fallen nicht in den Schutzbereich des Grundrechts. (BayVGH,
Beschluss vom 8.1.2016 – 21 CS 15.2465)
Leichtfertige Verwendung einer Jagdwaffe
Ein Jäger gab von einem drei Meter hohen Hochsitz drei Schüsse auf eine 77 Meter entfernte
Schützenscheibe ab, um die Treffpunktlage seines Zielfernrohrs zu überprüfen. Auf der 180 Meter
entfernten Landstraße waren zwei Fahrradfahrer unterwegs, die Schüsse gehört hatten und ein
Pfeifen über ihren Köpfen wahrnahmen. Aufgrund eingeholter ballistischer Gutachten wurde dies als
möglich angesehen. Das Landratsamt widerrief daraufhin die Waffenbesitzkarte und zog den
Jagdschein ein, weil der Kläger unvorsichtig und leichtfertig gehandelt habe.
Das Verwaltungsgericht München sah dies auch, weil der Kläger in hohem Maße unvorsichtig
gehandelt und eindeutige Sicherheitsregeln missachtet habe. Es gelte auch für Jäger der für
jedermann geltende Grundsatz, dass in der möglichen Nähe von Menschen nur scharf geschossen
werden darf, wenn mit Gewissheit ausgeschlossen werden könne, dass kein Mensch unmittelbar
durch einen Schuss oder Abpraller getroffen werden kann. Dies habe der Jäger nach den
Feststellungen der Gutachter nicht beachtet. Die prognostische Annahme der Unzuverlässigkeit lasse
bereits ein einmaliges Fehlverhalten ausreichen, da die mit dem Waffenbesitz verbundenen Risiken
nur bei Personen hinzunehmen seien, die nach ihrem Verhalten uneingeschränktes Vertrauen dazu
verdienen, mit Waffen und Munition in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen. Die Einstellung
des Strafverfahrens ändere an dieser Einschätzung nichts. (VG München, Urteil vom 25.11.2015 – M
7 K 14.5555)
NPD-Mitglied
Der Antragsteller war stellvertretender Vorsitzender eines NPD-Kreisverbandes und vertrat die Partei
im Kreistag und im Gemeinderat. Nachdem das Landesamt für Verfassungsschutz dies der
Waffenbehörde mitgeteilt hatte, widerrief diese die WBK, in der eine Kurz- und Langwaffe
eingetragen war, wegen Unzuverlässigkeit des Antragstellers wegen der Verfolgung von
Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung, denn er unterstütze die Bestrebungen der NPD
aktiv.
Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statt. Weder eine
rechtsextremistische Gesinnung allein noch die bloße Mitgliedschaft in einer rechtsextremistischen
Vereinigung können die Regelvermutung waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit begründen, auch reiche
das Ausüben einer Funktion in der Partei nicht aus. Weitere konkrete Begebenheiten, die die
freiheitlich demokratische Grundordnung in Frage stellen, habe die Behörde nicht belegen können.
(VG Dresden, Beschluss v. 31.8.2016 – 4 L 304/15)